Kolumbien - Geschichte



Geschichte bis 1858

Vor der spanischen Eroberung war Kolumbien von den Chibcha, Andenvölkern und Kariben bewohnt, die alle organisierte, landwirtschaftlich basierte Gemeinden formten. Nach der spanischen Eroberung (die 1525 begann), bildete das Gebiet des heutigen Kolumbien den Kern von Neugranada. Der Kampf um die Unabhängigkeit wurde, wie in allen amerikanischen Besitzungen Spaniens, durch die napoleonische Invasion von Spanien verstärkt.

Unter den ersten revolutionären Führern war Antonio Nariño, der an dem Aufstand von Bogotá am 20. Juli 1810 teilnahm, besonders bekannt. Die Revolution sollte neun Jahre dauern und wurde erst mit dem Sieg von Simón Bolívar in Boyacá (1819) siegreich beendet. Groß-Kolumbien (spanisch Gran Colombia) war nun unabhängig. Der durch Bolívar neu geschaffene Staat umfasste die Gebiete des heutigen Venezuela, Panama und (nach 1822) Ecuador sowie Kolumbien. Cúcuta wurde als Hauptstadt gewählt. Während der Präsident Bolívar Feldzüge in Ecuador und Peru anführte, verwaltetete Vizepräsident Francisco de Paula Santander die neue Nation. Bald kristallisierten sich unterschiedliche politische Fraktionen heraus. Santander befürwortete eine Union souveräner Staaten, während Bolívar eine zentral regierte Republik favoritisierte.

Obwohl Bolívar im Großen und Ganzen die verfassunggebende Versammlung  bestimmte, zerfiel Gross-Kolumbien bald. 1830 spalteten sich Venezuela und Ecuador ab. Das restliche Gebiet wurde zur Republik Neu Granada. Während des 19. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein kam es ständig zu politischen Unruhen und Bürgerkrieg. Starke konservative und liberale Parteien entwickelten sich, die Konservativen favorisierten Zentralismus und die Beteiligung der Kirche an der Regierung und in der Bildung, die Liberalen unterstützten den Föderalismus, waren eher antikirchlich eingestellt und für ein gewisses Maß an sozialer Gesetzgebung und Steuerreformen. Zwischen diesen Fraktionen brach häufig Bürgerkrieg aus. Während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts traten drei Staatsmänner besonders hervor: Tomás Cipriano de Mosquera, Rafael Núñez und Rafael Reyes. In der Amtszeit von Mosquera als Präsident wurde 1846 ein Vertrag geschlossen, der den USA Transitrechte im Isthmus von Panama gewährte.

Die neue Nation

1858 wurde mit einer neuen Verfassung  eine Konföderation von neun Bundesstaaten mit dem Namen Granadina geschaffen. Drei Jahre später, 1861 erhielt das Land unter Präsident Mosquera den Namen Vereinigte Staaten von New Granada, bevor es 1863 nochmals umbenannt wurde, nun hiess es Vereinigte Staaten von Kolumbien. Die antiföderalistische Revolution von 1885 führte ein Jahr später unter der Präsidentschaft von Núñez zur Bildung der Republik Kolumbien und Verabschiedung einer konservativen Verfassung. Im Jahre 1899, fünf Jahre nach dem Tod von Núñez, brach ein Bürgerkrieg mit beispielloser Gewalt aus und wütete für drei Jahre. Bis zu 100.000 Menschen wurden getötet bevor die Konservativen siegten. Eine weiterer Einschnitt erfolgte, nachdem die USA das Recht erworben hatten, den Panama-Kanal zu bauen (auch wenn die Vereinbarung später durch den kolumbianischen Kongress abgelehnt wurde). Die Republik Panama erklärte später mit Unterstützung der USA ihre Unabhängigkeit, die 1903 schliesslich auch erreicht wurde.

Während der quasi diktatorischen Herrschaft von Reyes (1904 – 1909) wurde die innere Ordnung wieder hergestellt, der Handel ausgedehnt und die Produktivität stark erhöht. Reyes musste aufgrund der allgemeinen Unzufriedenheit über seinen Umgang mit der Panamamkanal-Frage jedoch zurücktreten. Bald danach (1914) erkannte Kolumbien im Austausch für Rechte in der Kanal-Zone und einer Entschädigungszahlung durch die USA die Unabhängigkeit Panamas an.

Für die nächsten vier Jahrzehnte blieb das politische Leben in Kolumbien abgesehen von den wirtschaftlichen und sozialen Unruhen in den 1920er und 1930er Jahren relativ friedlich. 1917 legte Kolumbien seine Grenzstreitigkeiten mit Ecuador bei und 1934 wurde der Grenzkonflikt mit Peru um die Stadt Leticia von der Liga der Nationen für Kolumbien entschieden. Unter der Führung der Liberalen Olaya Herrera (1930-34), Alfonso López (1934-38) und Eduardo Santos (1938-42) wurden weitreichende Reformen verabschiedet. Im Zweiten Weltkrieg nahm Kolumbien auf alliierter Seite teil. Die Liberale Partei spaltete sich in den Kriegsjahren und trat in der Wahl 1946 mit zwei Kandidaten an, wodurch die Konservativen gewinnen konnten.

Mitte des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart

1948, während einer Inter-Amerikanischen Konferenz in Bogotá, wurde der linksliberale Führer Jorge Eliecer Gaitán, unter dem sich die Partei wieder vereint hatte, ermordet. Danach kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen und Vandalismus. Der Tod von Gaitán verstärkte die Feindschaft zwischen den sozialen Gruppen und stürzte das Land in ein Jahrzehnt der Unruhen, des Kriegsrechts und Gewaltherrschaft, die Hunderttausende von Menschenleben forderten. Politische Gewalt verwandelte sich besonders in ländlichen regionen in einfache Kriminalität (la violencia). Der erzkonservative Diktator Laureano Gómez übernahm 1950 die Macht, nachdem die Liberalen keinen Kandidaten zur Wahl stellten. 1953 wurde Gómez durch einen Putsch von Gustavo Rojas Pinilla, dem Chef der Streitkräfte, abgesetzt. Die repressiven Maßnahmen wurden jedoch fortgesetzt, eine Steuerreform scheiterte, das Land verschuldete sich und Rojas Pinilla geriet unter Korruptionsverdacht.

Eine Militärjunta, von Liberalen und Konservativen gleichermaßen unterstützt, setzte Rojas Pinilla 1957 ab. Im folgenden Jahr wurde Alberto Lleras Camargo Präsident. 1970 siegte der Präsidentschaftskandidat der Nationalen Front, Misael Pastrana Borrero, sehr knapp gegen Rojas Pinilla. Kolumbiens Wirtschaft begann sich von den Rückschlägen zu Beginn der 1970er Jahre durch wirtschaftliche Diversifizierung und ausländisches Kapital zu erholen. Eine hohe Inflationsrate behinderte allerdings weiterhin das Wirtschaftswachstum. 1974 gewann der Kandidat der Liberalen Partei, Alfonso López Michelsen, die Präsidentschaftswahlen.

Im Laufe der 1970er und 80er Jahre nahm in Kolumbien der illegale Drogenhandels ständig zu, die Drogenkartelle verfügten über grosse Mengen Geld, Waffen und Einfluss. In den 1970er Jahren traten aber auch linke Rebellengruppen wie die 19. Mai Bewegung (M-19), die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und die Nationale Befreiungsarmee (ELN) auf. Die Gewalt stieg in diesen Jahren rapide an, viele Journalisten und Regierungsbeamte wurden getötet. Die 1980er Jahre sahen den Aufstieg von rechtsextremen paramilitärischen Gruppen, die gegründet wurden, um gegen die linken Rebellen zu kämpfen, aber auch auf die Zivilbevölkerung angriffen. Sowohl linke als auch rechte Guerillas nutzten den Drogenhandel als Finanzierungsquelle.

Im Jahr 1986 wurde der Liberale Virgilio Barco Vargas zum Präsidenten gewählt. 1990 wurde er von César Gaviria Trujillo (ebenfalls ein Liberaler) abgelöst. Im Jahr 1990 entwarf die verfassungsgebende Versammlung, der auch Mitglieder der M-19-Gruppe angehörten, eine neuen Verfassung. Das Dokument trat am 5. Juli 1991 in Kraft und sollte beonders die Menschenrechte sowie Bürgerrechte auf soziale Sicherheit und Gesundheitsversorgung sichern. Der Liberale Ernesto Samper Pizano wurde 1994 zum Präsidenten gewählt. Obwohl es schien, dass er den Drogenhandel bekämpfte, wurde er beschuldigt, Geld aus dem Cali Kokain-Kartell" für seinen Wahlkampf einzusetzen. Er wurde 1996 vom Kongress von allen Anschuldigungen freigesprochen, seine Regierungszeit war jedoch durch Korruption und Misswirtschaft gekennzeichnet.

Das berüchtigte Medellín Drogenkartell wurde 1993, später kam es auch zu Verhaftungen der wichtigsten Führer des Cali-Kartells. Grosse Drogenhändler in Kolumbien besitzen jedoch weiterhin erheblichen Reichtum und Macht, zusätzlich stellen die FARC und ELN Instabilitätsfaktoren dar. Der Konservative Andrés Pastrana Arango, ehemaliger Bürgermeister von Bogotá und Sohn von Misael Pastrana, wurde 1998 Präsident von Kolumbien. Er versprach, mit den linken Rebellen und rechten paramilitärischen Führern eine Lösung für den 30 Jahre alten Konflikt zu finden.

Im November 1998 übergab Pastrana als eine Geste des guten Willens ein Gebiet von der Größe der Schweiz in Zentralkolumbien an die Kontrolle der FARC. Die Rebellen verhandelten jedoch nur selten mit der Regierung, unternahmen weitere Angriffe, erweiterten die Koka-Produktion und führten im Wesentlichen eine Parallelregierung ein. Die Energie der Regierung wurde ausserdem 1999 durch eine schwere Rezession und ein starkes Erdbeben in Westkolumbien mit mehr als 1000 Toten beansprucht. Verhandlungen mit den Rebellen in den Jahren 2000 und 2001 wurden durch Rebellenangriffe und -entführungen sowie durch Kämpfe zwischen Rebellen und Paramilitärs um die Kontrolle der Koka-Anbaugebieten unterlaufern. Die Erwartungen des Volkes an Pastrana wurden entäuscht, auch als er seinen "Plan Colombia", einen Programm, dass 7 Milliarden US-Dollar für soziale Hilfe und dem Antidrogenkrieg enthielt, vorstellte.

Im Februar 2002 entführte die FARC ein Flugzeug mit der Präsidentschaftskandidatin Senatorin Ingrid Betancourt. Pastrana liess daraufhin Rebellenstellungen angreifen und übernahm erneut die Kontrolle über die Rebellen-Zone. Die FARC zog sich in den Dschungel zurück und startete Attacken gegen Strom- und Telekommunikations-Anlagen. So versuchten sie, das öffentliche Leben in den Städten bei gleichzeitiger Vermeidung eines direkten Konflikts mit dem Militär zu stören. Im Mai 2002 gewann der rechte Kandidat Álvaro Uribe Vélez die Präsidentschaftswahlen. Er versprach, gegen die linken Rebellen vorzugehen. Uribe, ein ehemaliger Gouverneur und Senator, der als unabhängiger Kandidat antrat, erklärte in dieser Kampagne gegen die Linksrebellen einen begrenzten Notstand und eine Ausweitung der polizeilichen Befugnisse der Regierung.

Bis Ende 2003 ging durch das Vorgehen der Regierung die Gewalt im Land zwar etwas zurück und die Rebellen mussten sich zurückziehen, sie blieben aber nach wie vor stark. Die wirtschaftliche Lage in Kolumbien verbesserte sich und die Kokain-Produktion wurde mit amerikanischer Hilfe veringert. Einige paramilitärischen Kräfte stimmten einer Entwaffnung zu. Trotz seiner Popularität verlor Uribe im November 2003 ein Referendum, dass seine Kontrolle über den Regierungshaushalt vergrössert hätte. Im selben Jahr stieg die Staatsverschuldung auf 50% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Verhandlungen mit den paramilitärischen Kräften wurden 2004 fortgesetzt, zu dieser Zeit waren die meisten paramilitärischen Führer Drogenhändler geworden. Während der Verhandlungen wurden sichere Zonen für die Paramilitärs vereinbart, später kam es zur Demobilisierung einiger Paramilitärs.

Im Dezember 2004 entführten Kopfgeldjäger in Venezuela einen FARC-Führer, der dann an die kolumbianischen Behörden übergeben wurde. Die Beziehungen zwischen Kolumbien und Venezuela gerieten daraufhin Anfang 2005 in eine Krise. Kolumbien bestritt zunächst jede Beteiligung an dem Vorfall und behauptete, die Rebellen wurden in einer kolumbianischen Grenzstadt gefangen genommen, gab aber später zu, dass ein Kopfgeld gezahlt wurde. Der Streit zwischen den beiden Staaten wurde  im Februar 2005 beigelegt, als sich die Präsidenten beider Staaten in Caracas (Venezuela) trafen.

Im Juni 2005 verabschiedete der Kongress ein Gesetz zur Erleichterung der Entwaffnung der paramilitärischen Gruppen. Diese sollten vor Auslieferungen geschützt werden, ausserdem wurden die zu erwartenden Strafen verringert. Das Gesetz wurde kritisiert, da es keine vollständige Waffenruhe und Abrüstung von den Rebellengruppen erwartet wurde und nicht gewährleistet wurde, dass kriminelle Aktivitäten wie Drogenhandel beendet werden. Tatsächlich stellte sich später heraus, dass einige ehemalige Paramilitärs weiter in der organisierten Kriminalität und als korrupte Regierungsbeamte tätig waren. Jedoch wurden bis Mitte 2006 rund 31.000 paramilitärische Kämpfer demobilisiert. Im August 2006 ordnete Uribe die Festnahme von mehreren paramilitärischen Führer, die eine Aufgabe verweigert hatten, an.

Die Situation der linken Rebellen, die weiterhin begrenzt Angriffe durchführten, blieb im Wesentlichen unverändert. Uribe setzte auch Verassungsänderungen durch, die dem populären Präsidenten erlaubten, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Im Dezember 2005 begann die Regierung eine neue Gesprächsrunde mit der ELN, aber die FARC, die nach wie vor für die stärksten Angriffe verantwortlich war, lehnte alle Verhandlungen mit der Regierung Uribe ab. Die Parteien, die Präsident Uribe unterstützten, gewannen bei den Wahlen im März 2006 eine Mehrheit im Kongress und Uribe erreichte seine Wiederwahl im Mai 2006. Gespräche mit der ELN gingen 2006 weiter, brachten aber keine Ergebnisse.

Eine Untersuchung des Obersten Gerichtshofs brachte Verbindungen von Paramilitärs zu Mitgliedern des kolumbianischen Kongresses und anderen Politikern in Nordkolumbien ans Licht, mehrere Mitglieder des Kongresses wurden Ende 2006 und Anfang 2007 verhaftet. Die Außenministerin trat zurück, weil ihr Bruder, ein Senator, einer der Verhafteten im Februar 2007 war. Im März 2007 wurden Deteils eines CIA-Berichts bekannt, nachdem zwischen dem Oberbefehlshaber der Armee und paramilitärischen Todesschwadronen Verbindungen bestanden, der Oberbefehlshaber stritt die Vorwürfe ab. Aussagen eines ehemaligen paramilitärischen Kriegsherren im Mai 2007 deuteten auf Beziehungen des derzeitigen Vizepräsidenten und Verteidigungsministers sowie ehemaliger Regierungsbeamter zu paramilitärischen Führern hin. Enthüllungen über Verbindungen der Regierung und des Miltärs zu den Paramilitärs, Rebellen und Drogendealer setzten sich im Sommer fort. Im Juli waren mehrere Senatoren, darunter Uribe's Cousin, Gegenstand einer Untersuchung bezüglich paramilitärischer Beziehungen. Im August 2007 bot sich Venezuelas Präsidenten Hugo Chávez als Vermittler zwischen der kolumbianischen Regierung und den Rebellen an. Obwohl Chávez Bemühungen 2008 zur Freilassung einiger Geiseln führten, waren sie auch der Grund für die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Staaten im Jahr 2007.

Im März 2008 führte ein kolumbianischer Angriff auf Rebellen in Ecuador zu weiteren Spannungen zwischen Kolumbien und den Nachbarländern Ecuador und Venezuela, die Streitkräfte an die gemeinsamen Grenzen verlagerten. Die kolumbianische Regierung behauptete, dass bei den Rebellen gefundene Computerdateien Beweise für Verbindungen zwischen den kolumbianischen Rebellen und den Nachbarstaaten Kolumbiens lieferten. Kolumbien entschuldigte sich später für den Überfall, der laut der Organisation der amerikanischen Staaten eine Verletzung der ecuadorianischen Souveränität und der OAS-Charta darstellte. Die Spannungen mit Venezuela lockerten sich anschließend, die Beziehungen zu Ecuador blieben jedoch weiterhin angespannt. Im Juli 2008 befreiten kolumbianischen Streitkräfte, die sich als humanitäre Gruppe und Journalisten tarnten, mehrere FARC-Geiseln, darunter auch Senatorin Betancourt.

Autor: Remo Nemitz

 

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